KURIER
Sonntag, 20. August 1989, Seite 15.

Massenflucht an der österreichisch-ungarischen Grenze im Burgenland
HUNDERTE DDR-BÜRGER RANNTEN NACH ÖSTERREICH


Gruppenbild mit Pässen: Die Flüchtlinge wurden von Österreichern mit Essen versorgt, man holte auch das Gepäck von drüben (Bild: Votava)Spektakuläre Massenflucht an der ungarisch-österreichischen Grenze bei St. Margarethen im Burgenland: Mehrere hundert DDR-Bürger nutzten Samstag den Beginn einer Veranstaltung der Paneuropa-Bewegung Österreich und des ungarischen Demokratischen Forums am Grenzübergang an der alten Ödenburger Straße, um sich in den Westen abzusetzen. Bei Redaktionsschluß vorliegenden Meldungen zufolge gelang rund 500 Menschen die Flucht. Samstag nachmittag begann in Ungarn - etwa zwei Kilometer von der Grenze bei St. Margarethen entfernt - eine Veranstaltung unter der Schirmherrschaft von Otto Habsburg und dem ungarischen Staatsminister Imre Pozsgay, die eien Abschaffung der Grenzen vertrat. Rund 250 Teilnehmer wollten dabei von österreichischer Seite über den normalerweise gesperrten Grenzübergang an der alten Ödenburger Straße nach Ungarn gelangen. Als das sonst geschlossene Tor an der Grenze für die Kundgebungsteilnehmer geöffnet werden sollte, drängten Hunderte Ostdeutsche dagegen und drückten es auf. Unter den DDR-Bürgern befanden sich viele, die schon mehrmals bei Fluchtversuchen über die ungarisch-österreichische Grenze gescheitert waren. Augenzeugen berichteten, daß die Flüchtlinge die auf österreichischer Seite wartenden Veranstaltungsteilnehmer "förmlich überranten", Verletzt wurde niemand. Die völlig überrraschten Behörden nahmen die DDR-Flüchtlinge in Empfang und brachten sie in Bussen zur BRD-Botschaft nach Wien. Dort gab man sich auf den Ansturm vorbereitet und versuchte, die DDR-Bürger noch in derselben Nacht in die Bundesrepublik zu schicken.

Michael Jäger


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