Rede Dr. László Magas, einstiger Organisator

Ich darf mich als einstiger Organisator an Sie wenden, meine sehr verehrten Damen und Herren. Natürlich war ich immer stolz darauf und war sehr gerührt, wenn namhafte heimische und ausländische Persönlichkeiten die Bedeutung des damaligen Geschehens würdigten. Traurig macht mich jedoch, dass die Erinnerung in den letzten Jahren verblasste und verzerrt wurde; die Feierlichkeiten arteten im vorigen Jahr fast zu zwei separaten Ereignissen aus. Mein Glauben an die Grossartigkeit des Menschen wurde von Söhnen ferner Erdteile wiedergegeben. Dieses Jahr im April erhielten wir aus Japan ein Kirschbäumchen als Symbol des Friedens, welches dann an der Stelle gepflanzt wurde, wo das Ereignis von weltgeschichtlicher Bedeutung indem sie uns sagten, wie viele Leute es in ihrer Heimat gibt, die wissen, was am 19. August 1989 geschah. blicken wir zurück, was geschah nun wirklich? 1989 war das Jahr der Wunder. Wir waren Zeugen solcher Ereignisse, die eigentlich nur jungen Revolutionären in die Wiege gelegt sind. Die oppositionellen Kräfte konnten damals noch zusammenhalten und grosse Dinge zu Ende bringen. So auch in Sopron. An der unvergesslichen Veranstaltung vom 15. März, und an der Wiederbeerdigung der hingerichteten Märtyrer des berüchtigten Prozesses in Mosonmagyaróvár im Jahre 1956 nahmen mehrere tausend Personen teil. Auch jetzt wollen wir eine über die Landesgrenzen hinaus greifende grosse Veranstaltung zu Ehren des 20. August abhalten. Unser Vorhaben konnte mit der Idee des Debrecener MDF in Einklang gebracht werden. Erleben wir heute ein Picknick, ein Paneuropäisches Picknick an Stelle des abzubauenden Eisernen Vorhanges. Und nicht nur das, wir sollen auch teilhaben an diesem Abbau, nach unserem Motto: "Bau ab und nimm mit!" Imre Pozsgay, der damalige Staatsminister, als einer der Schirmherren der Veranstaltung schreibt an die Teilnehmer: "Paneuropäisches Picknick anstelle des Eisernen Vorhanges! Und sie haben recht! Das ist der wirkliche Zweck von Grenzen. Ein fröhliches Treffen zwischen den Söhnen verschiedenen Nationalitäten, die verbunden sind durch den Wunsch nach gegenseitigem Kennenlernen, nach europäischer Gemeinsamkeit, nach Demokratie und Freiheit." Die andere Idee des Ereignisses stammt aus jener Soproner Petition, die wir im Februar an István Horváth, den damaligen Innenminister schrieben. "Öffnen wir die Tore an jenen Grenzübergängen, wo einstmals blühende Verbindungen zwischen den Bürgern der beiden Länder bestanden." Die feierliche Öffnung des Tores war für drei Stunden geplant, doch die zwischenzeitlich eingetroffenen ostdeutschen Bürger nahmen die Leitung ihrer Geschicke durch Durchbrechen des Tores selbst in die Hand. Uns alle berührte dieser Gefühlsausbruch den wir vor Ort miterlebten sehr. So erlebten es auch zum Glück die Grenzsoldaten, die auch nur MENSCHEN waren. Beispielsweise der unbekannte Präsenzdiener, der das auf ungarischem Boden liegende Kleinkind seiner nach Österreich gelangten Mutter nachtrug. Am Abend wurde der Exodus, durch einen reisigen Sturm beendet. Am darauffolgenden Tag ließen hunderte verlassener Autos und Motorräder auf die Schlacht des vorherigen Tages schließen. Die offizielle Politik wußte noch nichts mit dem Ereignis anzufangen. Die Grenzen wurden geschlossen, die Deutschen aus der Umgebung von Sopron abgeschoben, auf den Straßen erschien die Miliz, in Balf und Kópháza gab es Schießereien; sogar tödliche Schüsse fielen. Das Rad der Geschichte ließ sich jedoch nicht mehr zurückdrehen. Erneut füllten sich die Botschaften und die Flüchtlingslager, aber zum Glück entschied die Regierung schließlich richtig und wählte am 10. September Europa zu ihrem Weg. Das Lauffeuer der Veränderungen brachte am 10. November die Berliner Mauer zum Fall, am 17. siegte die sanfte Revolution in Prag, am 22. Dezember fiel die Diktatur in Rumänien und auch das sowjetische Regime hielt sich nicht lange. All dies bestätigte das im Aufruf zum Paneuropäischen Picknick beschriebene Ziel: "Demonstration für die Verwirklichung des Traumes des kleinen Mannes, für ein friedliches, freies Europa!'


PicknickEuropa-Konzert 1997

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