SÜDDEUTSCHE ZEITUNG
Dienstag, 22. August 1989, Seite 4

(Blick in die Presse)
Flucht wie in der Oper

Die Salzburger Nachrichten ziehen einen Vergleich zwischen der Massenflucht von DDR-Bürgern über die ungarisch-österreichische Grenze und einer Operninszenierung:
"Ein Opernregisseur hätte für eine Fidelio-Inszenierung die Szene nicht besser erdenken können, als sie sich Samstag an der österreichisch-ungarischen Grenze in Wirklichkeit abspielte. 'Gefangene' der DDR stürmten bei einem Europapicknick der Paneuropa-Bewegung unter Otto Habsburgs Patronanz ein Grenztor und rannten aus dem liberalisierten und menschlichen Ungarn in die Freiheit nach Österreich. Der Europa-Parlamentarier Habsburg war erst im Vorjahr zum erstenmal seit dem Zusammenbruch der Habsburg-Monarchie in Ungarn, wer hätte gedacht, daß eine seiner Initiativen für ein Europa ohne Grenzen so rasch - wenn auch nur für drei Stunden - wirksam werden köne. Die DDR-Bürger waren erschöpft wie die Gefangenen im Fidelio. Sie hatten die Flucht angetreten, weil sie neben der wirschaftlichen aNot in ihrem Land 'belauscht mit Ohr und Blick" leben müssen und keine Zukunft für eine demokratische Entwicklung sehen. Österreicher empfingen sie freundlich in der Freiheit, steckten ihenen Geld zu und brachten sie zu ihrer diplomatischen Vertretung nach Wien. Diese Menschlichkeit zu sehen tut gut."


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